§6a EStG – Voraussetzungen

  • 1. Die Voraussetzungen

      Die Voraussetzungen für die Bildung einer Pensionsrückstellung sind in einer Spezialvorschrift, die im § 6a EStG geregelt ist..

      Ergänzende Erläuterungen und Anweisungen zur Passivierung von Pensionsrückstellungen sind in den Einkommensteuerrichtlinien (R 6a EStR) enthalten. Diese sind als Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die die Auffassung der Finanzverwaltung darstellt.

      Bei der Beurteilung einer Pensionszusage im Rahmen einer Betriebsprüfung werden Pensionszusagen zunächst auf einer ersten Stufe dahingehend geprüft, ob sie die Voraussetzungen des § 6a EStG erfüllt haben (Bilanzielle Voraussetzungen – § 6a EStG). Sofern diese Vorgaben des § 6a EStG erfüllt wurden, ist in der Steuerbilanz für die Pensionsverpflichtung eine Pensionsrückstellung zu bilden. Diese wirkt sich dann erfolgswirksam in der Steuerbilanz aus.

      Die Vorgaben des § 6a EStG gelten sowohl für Pensionsverpflichtungen von Fremdarbeitnehmern, als auch für solche von Gesellschafter – Geschäftsführern.

      Hinweis (Exkurs – GGF Versorgung):

      Neben der Prüfung auf der 1. Stufe (Bilanzielle Voraussetzung – § 6a EStG) erfolgt im Bereich der Gesellschafter – Geschäftsführer Versorgung noch eine Prüfung, ob die Zuführung zur Pensionsrückstellung aufgrund einer durch das Gesellschaftsverhältnis begründeten Vereinbarung erfolgt ist (verdeckte Gewinnausschüttung – § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Ist dies der Fall, so ist der Gewinn insoweit außerbilanziell zu erhöhen. Weiterführende Ausführungen hierzu finden Sie unter dem Themenkomplex „Gesellschafter – Geschäftsführer – Versorgung“.

      Im Folgenden werden die bilanziellen Voraussetzungen (§ 6a EStG) kurz aufgeführt. Eine ausführliche Erläuterung erfolgt unter den einzelnen Stichworten selbst.

      • Rechtanspruch und zivilrechtliche Wirksamkeit
        • Der Versorgungsberechtigte muss einen Rechtsanspruch auf die zugesagten Versorgungsleistungen haben und die zivilrechtliche Wirksamkeit der Pensionszusage muss gegeben sein.
      • Schriftformerfordernis – Klarheitsgebot
      • Keine steuerschädlichen Vorbehalte und keine Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen
        • Eine Pensionszusage darf keine steuerschädlichen Vorbehalte enthalten. Formulierungen, nach denen es dem Arbeitgeber jederzeit möglich ist, nach freiem Belieben die Versorgung zu entziehen, sind steuerschädlich.
        • Steuerschädlich können auch nicht angepasste Abfindungsklauseln sein.
        • Für, aus zukünftigen, gewinnabhängigen Bezügen, die der Höhe nach noch nicht feststehen, resultierende Versorgungsleistungen, ist eine Rückstellungsbildung nicht zulässig.
      • Überversorgung nach § 6a EStG
        • Bei einer endgehaltsunabhängigen Pensionszusage darf die Pensionsrückstellung höchstens 75% der Aktivbezüge (Aktivbezüge gemäß § 2 LStDV) sein. Hierbei sind Anwartschaften aus anderer betrieblicher Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung mit einzubeziehen.

       Weitere Informationen

      § 6a EStG und R 6a EStR 2005 i.d.F. der EStÄR 2008

      BMF Schreiben vom 21.12.1995 – IV B7 – S 2742 – 68/95.

      BMF Schreiben vom 6.4.2005 – IV B2 – S 2167 – 10/05

      BMF Schreiben vom 3.11.2004 – IV B2 – S 2176 – 13/04

      Keil/Prost, Pensions- und Unterstützungskassenzusagen an Gesellschafter – Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, 2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, C.F. Müller Verlag (Recht in der Praxis), Heidelberg 2010.

  • 2. Zivilrechtliche Wirksamkeit

      Rechtsanspruch – Gesellschafterbeschluss

      In der Steuerbilanz dürfen Pensionsrückstellungen nur dann gebildet werden, wenn der Versorgungsberechtigte einen Rechtsanspruch auf die zugesagten Leistungen hat. In den Einkommensteuerrichtlinien ist geregelt, wann ein Rechtsanspruch gegeben ist.

      Hier heißt es in R 6a Abs. 2 EStR 2005 i.d.F. der EStÄR 2008:

      • „Eine rechtsverbindliche Pensionsverpflichtung ist z.B. gegeben, wenn sie auf Einzelvertrag, Gesamtzusage (Pensionsordnung), Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder Besoldungsordnung beruht.“

      In der Regel wird beim Gesellschafter – Geschäftsführer ein Einzelvertrag vorliegen. Dieser Einzelvertrag (Pensionszusage) regelt wann, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Leistungen fällig werden.

      Hinsichtlich des Rechtsanspruches der Höhe nach ist darauf zu achten, dass für Pensionszusagen, die als Versorgungsleistungen keinen Festbetrag vorsehen, die Bemessungsgrundlage genau definiert ist. Dies gilt z.B. bei gehaltsabhängigen Pensionszusagen in Bezug auf die Definition pensionsfähiger Bezüge (Beispiel: 12-faches Gehalt oder 13-faches Gehalt ?).

      In formeller Hinsicht ist neben der schriftlich erteilten Pensionszusage darauf zu achten, dass die Pensionszusage auch zivilrechtlich wirksam ist.

      Beim Gesellschafter–Geschäftsführer ist es hierzu zwingend erforderlich, dass die Pensionszusage vom zuständigen Gesellschaftsorgan (Gesellschafterversammlung) beschlossen und genehmigt wird. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass die Gesellschafterversammlung zuständig für Änderungen/Ergänzungen des Anstellungsvertrages des Geschäftsführers ist – vorausgesetzt im Gesellschaftervertrag ist keine abweichende Zuständigkeitsregelung getroffen – Diese Bestimmung gilt auch für die Erteilung von Pensionszusagen (BGH Urteil vom 25.3.1991 – II ZR 169/90 und BMF Schreiben vom 21.12.1995 – IV B7 – S 2742 – 68/95).

      Es muss ein wirksamer Gesellschafterbeschluss vorliegen, der von allen Gesellschaftern unterzeichnet ist.

      Ein weiterer Aspekt für die Erfüllung der zivilrechtlichen Wirksamkeit, ist die „Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB“. Die Befreiung erfolgt im Gesellschaftervertrag und muss ins Handelsregister eingetragen werden. Auch für Gesellschafter – Geschäftsführer einer Ein-Mann GmbH ist die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot zwingend erforderlich.

      Ohne zivilrechtlich wirksame Verpflichtung (Gesellschafterbeschluss und Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot) ist die Pensionsrückstellung bereits in der Handelsbilanz nicht zu passivieren.

      Hinweise für die Praxis:

      • Die Entscheidung, dass ein Gesellschafterbeschluss vorliegen muss, damit die zivilrechtliche Wirksamkeit einer Pensionszusage für einen Gesellschafter – Geschäftsführer gegeben ist, gilt auch für Pensionszusagen, die vor dem 25.3.1991 (II ZR 169/90), dem Tag der Entscheidung des BGH , erteilt wurden. Für diese „Altzusagen“ war eine Nachholung des Gesellschafterbeschlusses bis zum 31.12.1996 möglich.
      • Haben alle Gesellschafter für die GmbH die Pensionszusage unterzeichnet, so zeigt die Praxis, dass dies von den Finanzverwaltungen in aller Regel bereits als wirksamer Gesellschafterbeschluss anerkannt wird. Unseres Erachtens sollte allerdings neben der Pensionszusage immer ein separater Gesellschafterbeschluss getätigt werden. Dieser kann und ist auch heute in aller Regel bereits als eigenständiger Punkt im Pensionsvertrag mit aufgenommen.
      • Ein Gesellschafterbeschluss ist auch immer dann vorzunehmen, wenn die Pensionszusage geändert wird (dem Grunde oder der Höhe nach).
      • Auch für die Erteilung einer Pensionszusage an einen Fremdgeschäftsführer, ist ein Gesellschafterbeschluss zu bewirken.
      • Nach einem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf vom 23.4.2009 (I-6 U 58/08 vom 23.04.2009), bedarf nicht nur die Erteilung einer Pensionszusage, sondern auch die zur Sicherung der Pensionsansprüche vorgenommene Verpfändung der Rückdeckungsversicherung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung.

      Weitere Informationen

      § 6a EStG und R 6a EStR 2005 i.d.F. der EStÄR 2008

      BGH Urteil vom 25.3.1991 – II ZR 169/90

      BMF Schreiben vom 21.12.1995 – IV B7 – S 2742 – 68/95

      Urteil Oberlandesgericht Düsseldorf vom 23.04.2009 – I-6 U 58/08

      Keil/Prost, Pensions- und Unterstützungskassenzusagen an Gesellschafter – Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, 2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, C.F. Müller Verlag (Recht in der Praxis), Heidelberg 2010.

  • 3. Schriftformerfordernis

      Um in der Steuerbilanz Pensionsrückstellungen bilden zu können, ist es erforderlich, dass die Pensionszusage schriftlich erteilt wird.

      Dies gilt für Pensionszusagen an:

      • Fremdarbeitnehmer,
      • beherrschende Gesellschafter–Geschäftsführer und
      • nicht beherrschende Gesellschafter–Geschäftsführer

      Eine in der Steuerbilanz für eine nicht schriftlich erteilte Pensionszusage gebildete Pensionsrückstellung ist in der ersten noch offenen Bilanz Gewinn erhöhend aufzulösen.

      Darüber hinaus ist es gemäß den Vorgaben des § 6a Abs.1 Nr.3 EStG erforderlich, dass die Pensionszusage eindeutige Angaben hinsichtlich Art, Form, Voraussetzung und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthält. Auch diese Bestimmung gilt für

      • Fremdarbeitnehmer,
      • beherrschende Gesellschafter–Geschäftsführer und
      • nicht beherrschende Gesellschafter–Geschäftsführer.

      So ist z. B. bei einer gehaltsabhängigen Pensionszusage klar zu definieren, welche Bezüge im Sinne der Pensionszusage als „pensionsfähige Bezüge“ anzusetzen sind (12-faches Gehalt oder 13-faches Gehalt?).

      Da der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer nicht dem Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes unterliegt, und somit die dort festgelegten Mindestregelungen nicht gelten, ist die Ausgestaltung der Pensionszusage bei diesem Personenkreis mit besonderer Sorgfalt vorzunehmen. Eine Pensionszusage für einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer sollte/muss von daher folgende weiterführende Regelungen enthalten:

      •  Vorzeitiges Ausscheiden (Unverfallbarkeit)
      • Flexible Altersgrenze
      • Anpassung laufender Leistungen
      • Kapitalwahlrecht

      Weitere Informationen

      § 6a EStG und R 6a EStR 2005 i.d.F. der EStÄR 2008

      BMF Schreiben vom 28.08.2001 – IV A6 – S 2176 – 27/01

      Keil/Prost, Pensions- und Unterstützungskassenzusagen an Gesellschafter–Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, 2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, C.F. Müller Verlag (Recht in der Praxis), Heidelberg 2010.

  • 4. Widerrufsvorbehalte

      Verbot steuerschädlicher Widerrufsvorbehalte

      Ein steuerschädlicher Vorbehalt liegt immer dann vor, wenn der Arbeitgeber (Unternehmer) eine Pensionszusage nach freiem Belieben ohne Berücksichtigung der Interessen des Versorgungsberechtigten widerrufen kann.

      Weiterführende Hinweise zu dieser Problematik geben die Einkommensteuerrichtlinien (R 6a Absatz 3 und 4 EStR). Danach ist zu unterscheiden zwischen „schädlichen“ (R 6a Absatz 3 EStR) und „unschädlichen“ Vorbehalten (R 6a Absatz 4 EStR).

      Nur die in R 6a Abs. 4 EStR aufgeführten Widerrufsvorbehalte dürfen in der Zusage vereinbart werden.

      Dies sind im Einzelnen:

      • Kürzung bei wesentlicher oder nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Verhältnisse
      • Änderung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft
      • Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen in der gesetzlichen Rentenversicherung
      • Änderung bei der rechtlichen Behandlung der Aufwendungen
      • Persönliches Fehlverhalten

      Sofern in einer Pensionszusage Formulierungen wie

      • jederzeit widerrufbar
      • freiwillig und ohne Rechtsanspruch
      • die Leistungen sind unverbindlich

      mit aufgenommen werden, führt dies zur Nichtanerkennung der Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz, da es sich hier nach R 6a Abs. 3 um „steuerschädliche“ Vorbehalte handelt.

      Hinweis für die Praxis:

      Rechtsfolge eines steuerschädlichen Vorbehaltes ist die Nichtanerkennung der Pensionsrückstellungen (innerhalb der Bilanz).
      Sofern überhaupt Widerrufsvorbehalte bei der Ausgestaltung einer Pensionszusage mit aufgenommen werden, empfiehlt sich eine enge Anlehnung an die in den Einkommensteuerrichtlinien aufgeführten steuerunschädlichen Vorbehalte.

      Für die Praxis ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Aufnahme dieser steuerunschädlichen Widerrufsvorbehalte möglicherweise ein „Türöffner“ für den Insolvenzverwalter zum Widerruf der Pensionszusage darstellt. Und zwar wegen der Akzessorietät des Pfandrechts. Das Pfandrecht ist vom Bestand der zu sichernden Forderung abhängig. Erlischt die Hauptforderung (Widerruf der Zusage durch den Insolvenzverwalter aufgrund der enthaltenen steuerunschädlichen Vorbehalte (Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage)), so läuft das Pfandrecht letztendlich ins Leere.

      Steuerschädliche Abfindungsklauseln

      Mit Urteil vom 10.11.1998 hat der BFH entschieden, dass die Möglichkeit des zusagenden Unternehmens, Versorgungsverpflichtungen jederzeit mit dem Teilwert nach § 6a Abs. 3 EStG abfinden zu können, einen „steuerschädlichen Vorbehalt“ darstellt.

      Rechtsfolge einer steuerschädlichen Abfindungsklausel ist die Ausbuchung der Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz.

      Unschädlich hingegen sind Klauseln, die vorsehen, dass mit dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen i.S. von § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG (d.h. mit dem vollen unquotierten späteren Pensionsanspruch bei Pensionsbeginn) abgefunden werden kann.

      Schädliche Abfindungsklauseln, die bis zum 31.12.2005 angepasst wurden, sind auch für die Vergangenheit nicht zu beanstanden. Wurde eine schädliche Abfindungsklausel nicht angepasst, so führt dies auch rückwirkend in allen noch offenen Jahren zur Steuerschädlichkeit (Ausbuchung der Rückstellung in der ersten noch offenen Bilanz).

      Pensionszusagen, die bisher keine Abfindungsklausel enthalten haben, müssen nicht geändert werden.

      Des Weiteren ist darauf zu achten, dass Abfindungsklauseln Angaben enthalten müssen, die das Berechnungsverfahren zur Bestimmung der Abfindungshöhe präzise und eindeutig dokumentieren. D.h. es sind klare und eindeutige Angaben hinsichtlich des Rechnungszinses und der Rechnungsgrundlagen festzuhalten.
      Eine Nichtbeachtung führt zur Nichtanerkennung der Pensionsrückstellungen.
      Eine Heilungsmöglichkeit bestand bis zum 31.12.2005.

      BMF Schreiben vom 6.4.2005 – IV B2 – S 2176 – 10/05

      Hinweis für die Praxis:

      Die Umsetzung einer bilanzsteuerlich unschädlichen Abfindungsklausel, die vorsieht, dass im aktiven Dienstverhältnis mit dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen abgefunden werden kann (voller, unquotierter Anspruch), führt im Bereich der Körperschaftsteuer zu Folgeproblemen und zwar deshalb, da hier noch nicht erdiente Ansprüche abgefunden werden. Ein für über den erdienten Teil hinausgehender Abfindungsbetrag führt in diesem Fall zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.

      Von daher empfiehlt es sich Abfindungsklauseln lediglich für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens und für den Eintritt des Versorgungsfalles mit aufzunehmen. Im aktiven Dienstverhältnis ist von einer Abfindungsregelung abzuraten!

      Weitere Informationen

      § 6a EStG und R 6a EStR 2005 i.d.F. der EStÄR 2008

      BMF Schreiben vom 6.4.2005 – IV B2 – S 2176 – 10/05

      Keil/Prost, Pensions- und Unterstützungskassenzusagen an Gesellschafter–Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, 2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, C.F. Müller Verlag (Recht in der Praxis), Heidelberg 2010.

  • 5. Überversorgung (75%)

      Übersicht

      Eine Pensionszusage wird seitens der Finanzverwaltung dahingehend geprüft, ob die zugesagten Versorgungsleistungen im Verhältnis zu den Aktivbezügen des Versorgungsberechtigten angemessen sind.
      Unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung wird die Obergrenze für eine angemessene Versorgung bei 75% der letzten Aktivbezüge festgemacht. Zur Anrechnung kommen hierbei noch die zu erwartende Sozialversicherungsrente und andere betriebliche Altersversorgungsverträge (Direktversicherung / Pensionskasse / Unterstützungskasse / Pensionsfonds).

      Übersteigen die zugesagten Versorgungsleistungen 75% der letzten Aktivbezüge unter Anrechnung der vorgenannten sonstigen Anwartschaften, so sind in der Regel die zugesagten Leistungen als überhöht anzusehen. Dies wird als Überversorgung bezeichnet.

      Liegt eine solche Überversorgung vor, so wird zunächst festzustellen sein, welche Rechtsfolgen diese Überversorgung nach sich zieht. In einem ersten Schritt wird zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen des § 6a EStG eingehalten wurden. Sofern dies nicht der Fall ist, liegt eine Überversorgung auf der 1. Stufe vor (Verstoß gegen die Vorgaben des § 6a EStG).

      Wurden hingegen die Voraussetzungen des § 6a EStG eingehalten und schlagen sich demzufolge die Pensionsrückstellungen auch erfolgswirksam in der Steuerbilanz nieder, würde auf der zweiten Prüfstufe die Überversorgung im Hinblick auf eine verdeckte Gewinnausschüttung zu problematisieren sein.

      Die folgenden Ausführungen sind im Zusammenhang mit der bilanzsteuerlichen Beurteilung einer Überversorgung (Voraussetzungen des § 6a EStG) zu sehen.

      BMF – Schreiben vom 3.11.2004

      a) Aussage

      Das BMF – Schreiben vom 3.11.2004 und die ihm zugrunde liegende BFH Rechtsprechung will die Vorwegnahme künftiger Einkommensentwicklungen durch (zunächst) überhöhte Pensionszusagen verhindern.
      Im vorgenannten BMF Schreiben wird festgehalten, dass eine Überversorgung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG in der Regel immer dann vorliegt, wenn Pensionszusagen in Form von so genannten Festbetragszusagen vorliegen und diese im Verhältnis zu den Aktivbezügen überhöht sind (75% Grenze). Die Finanzverwaltung unterstellt, dass hier eine Vorwegnahme zukünftiger, ungewisser Einkommensentwicklungen vorliegt.

      Hinweis für die Praxis:

      § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr.1 Satz 4 EStG sagt aus, dass Erhöhungen oder Verminderungen der Pensionsleistungen, die hinsichtlich des Zeitpunktes des Wirksamwerdens oder ihres Umfanges ungewiss sind, erst dann bei der Bewertung der Pensionsverpflichtung berücksichtigt werden, wenn sie eingetreten sind.

      Ungewisse Änderungen liegen z.B. vor, wenn die Pensionsleistungen an die Bezüge gekoppelt werden und künftige (angedachte) Änderungen der Bezüge, obwohl sie am Bilanzstichtag noch nicht schriftlich fixiert sind bei der Rückstellungsbildung schon berücksichtigt werden. In derartigen Fällen ist von den Pensionsleistungen auszugehen, wie sie sich am Bilanzstichtag aufgrund der aktuellen Bezüge darstellen. Ein unterstellter allgemeiner Trend hinsichtlich der Steigerung der Bezüge darf in diesen Fällen nicht schon vorab bei Bewertung der Verpflichtung mit einkalkuliert werden.

      Der Grundgedanke des oben genannten BMF-Schreibens soll an einem Beispiel verdeutlicht werden:

      Ausgang:

      Herr Max Mustermann, Jahrgang 1967, beherrschender GGF, erhält von seiner GmbH im Jahr 2007 eine Pensionszusage, die eine monatliche Altersrente in Höhe von € 2.000,00 (Festbetragszusage) vorsieht. Das Rentenbeginnalter wird auf das 65. Lebensjahr festgelegt. Vom zusagenden Unternehmen erhält er ein Aktivgehalt von monatlich € 2.500,00.

      Beurteilung:

      Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass bei der überhöhten (80% der Aktivbezüge) Pensionszusage künftige noch ungewisse Einkommensentwicklungen vorgenommen und damit Aufwand aus der Zukunft bilanziell vorgezogen wurden.

      Die Finanzverwaltung unterstellt nicht, dass die Pensionszusage später eine unangemessen hohe Altersversorgung darstellt, sondern sie unterstellt, dass bilanzieller Aufwand durch eine zunächst überhöhte Zusage in ein früheres Wirtschaftsjahr verlagert wird. Es kann nämlich davon ausgegangen werden, dass sich die Bezüge des GGF im Rentenbeginnalter wesentlich höher darstellen (25 Jahre – jährliche angenommene Entwicklung 2% – Bezüge 65 dann monatlich € 4.101,00 – Festbetragszusage dann nur noch rund 49% der Bezüge) und dann die Zusage wieder im angemessenen Rahmen liegt.

      Auswirkungen:

      Die Pensionsrückstellung wäre im konkreten Fall in der Steuerbilanz – wegen einer vorliegenden Überversorgung nach § 6a EStG – nur aus einem Betrag in Höhe von monatlich € 1.875,00 (=75% von 2.500,00) zu berechnen. Es ist eine Korrektur innerhalb der Bilanz vorzunehmen.
      In der Handelsbilanz ist hingegen, da die zivilrechtliche Verpflichtung weiterhin in der zugesagten Höhe bestehen bleibt, eine Pensionsrückstellung für die vollumfängliche Pensionszusage zu bilden.
      Beim Versorgungsberechtigten ergeben sich keinerlei steuerliche Auswirkungen/Konsequenzen.

      b) Persönlicher Geltungsbereich

      Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind auf Pensionszusagen an alle Personen anzuwenden, die in einem Arbeits-/Dienstverhältnis oder in einer vergleichbaren Rechtsbeziehung stehen.
      Eine Überversorgung kann deshalb nicht nur bei Pensionszusagen an GGF vorliegen, sondern auch an Arbeitnehmer. Dies geschieht, da hier eine Prüfung auf der 1. Stufe (Voraussetzungen des § 6a EstG) stattfindet und zunächst nicht eine verdeckte Gewinnausschüttung thematisiert wird.

      c) Sachlicher Geltungsbereich

      Die Anwendung des BMF-Schreibens erfolgt bei

      • Festbetragszusagen
      • Zusagen mit einer garantierten Anwartschaftsdynamik
      • Zusagen, die in Abhängigkeit vom Alter und/oder Dienstzeit Steigerungsbeträge vorsehen.

      Es findet keine Anwendung bei

      • Gehaltsdynamischen Zusagen
      • Beitragsorientierten Zusagen
      • Zusagen mit garantierter Rentenerhöhung (Dynamik laufender Renten), sofern ein Steigerungssatz von jährlich 3% nicht überschritten wird.

      Beruhen Versorgungsleistungen auf Entgeltumwandlungen, so können diese Zusagen bei der Beurteilung, ob eine Überversorgung nach § 6a EStG vorliegt, unberücksichtigt bleiben. Hier ist dann allerdings auch das Aktivgehalt nach Entgeltumwandlung als Bemessungsgrundlage anzusetzen.

      Hinweis für die Praxis:

      Bei den Pensionszusagen, auf die das genannte BMF-Schreiben keine Anwendung findet (z.B. Gehaltsdynamische Zusagen), liegt zwar bei Überschreiten der 75% – Grenze keine Überversorgung nach § 6a EstG (Bilanzsteuerliche Beurteilung) vor, es wird allerdings hier bei der Prüfung auf der 2. Stufe (Körperschaftsteuer) in der Regel eine verdeckte Gewinnausschüttung problematisiert werden. Vorgenannte Thematisierung wird sich dann allerdings nur noch auf Pensionszusagen an beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer oder auf den Personenkreis der nahe stehenden Personen beschränken.

      Prüfung einer Überversorgung

      Zur Beurteilung der Frage, ob eine Überversorgung vorliegt, ist wie folgt vorzugehen.

      a) Verhältnisse am Stichtag

      Eine Prüfung hat stichtagsbezogen stattzufinden.

      • Jährliche Prüfung, ob eine Überversorgung vorliegt
      • Verhältnisse am Stichtag sind maßgebend
        • Maßgebende Bezüge am Stichtag
        • Maßgebende Versorgungsleistungen

      Sofern sich die maßgebenden Bemessungsgrundlagen zu einem späteren Beurteilungszeitpunkt ändern, so sind die geänderten Größen (Bezüge/Leistungen) anzusetzen. Die Finanzverwaltung hat in ihrem Schreiben vom 3.11.2004 festgehalten, dass gleichgültig, welcher Grund zur Änderung der Bemessungsgrößen führte, immer die am Beurteilungszeitpunkt maßgebenden Werte anzusetzen sind. Als einzige Ausnahme gilt hier die Änderung des Beschäftigungsgrades. Hier wird eine Mischberechnung angewendet, die in Randnummer 19 des Schreibens (BMF-Schreiben vom 3.11.2004) detailliert aufgezeigt wird.

      b) Bezüge des Versorgungsberechtigten

      Sämtliche Aktivbezüge im Sinne des § 2 LStDV sind zu berücksichtigen.
      Hierzu gehören neben dem Festgehalt auch Sachzuwendungen, Zukunftssicherungsleistungen, Aufwendungen für betriebliche Altersversorgung (DV,PK, PF) und variable Gehaltsbestandteile (Durchschnitt der letzten fünf Jahre – BMF 3.11.2004, Randnummer 11).

      Die fiktive Jahresnettoprämie für Pensionszusagen und Unterstützungskassenzusagen ist kein Aktivbezug im Sinne des § 2 LStDV.

      c) Anrechnung anderer Versorgungsleistungen

      Bei der Beurteilung, ob eine Überversorgung vorliegt sind sämtliche am Bilanzstichtag zugesagten Versorgungsleistungen mit in die Beurteilung einzubeziehen.

      Es sind demzufolge Leistungen aus Direktversicherung, Pensionskasse, Unterstützungskasse und Pensionsfonds anzurechnen. Sofern hierbei Leistungen in Form von Kapitalleistungen zugesagt sind, sind diese mit 10% der Kapitalleistung (Garantie zzgl. der bereits zugeteilten Überschüsse) anzurechnen.

      Des Weiteren sind die Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anrechnung zu bringen. Hier empfiehlt es sich eine Auskunft über die zu erwartenden Leistungen beim Rentenversicherungsträger anzufordern. Allerdings kann auch weiterhin das sog. Näherungsverfahren angewendet werden.

      d) Beispiel

      Ausgangslage:

      Herr Max Mustermann, beherrschender GGF, erhält von seiner GmbH eine Pensionszusage, die eine monatliche Altersrente in Höhe von € 2.500,00 (Festbetragszusage) vorsieht. Das Rentenbeginnalter wird auf das 65. Lebensjahr festgelegt.

      Rechenschema:

      Aktivgehalt (jährlich)
      Festgehalt 60.000,00 €
      Sachbezug KFZ 5.500,00 €
      Beitrag zur Direktversicherung 1.752,00 €
      Gesamt 67.252,00 €
      75%-Grenze ( 0,75* 67.252,00) 50.439,00 €
      abzgl. Ansprüche aus der gesetzlichen RV 9.900,00 €
      abzgl. Ansprüche aus der Direktversicherung
      ( =10% der VS zzgl. 10% der bereits zugeteilten Überschüsse)
      4.750,00 €
      Verbleibt für Direktzusage 35.789,00 €

      Beurteilung:

      Es liegt zum Beurteilungszeitpunkt keine Überversorgung vor, da die zugesagte Altersrente in Höhe von jährlich € 30.000,00, die Obergrenze (35.789,00) nicht überschreitet.

      Praxisproblem – Herabsetzung der Aktivbezüge

      Wird das Aktivgehalt herabgesetzt, so stellt sich die Frage, wie bei der Prüfung, ob eine Überversorgung vorliegt, vorzugehen ist.

      Das BMF Schreiben vom 3.11.2004 legt eindeutig fest, dass die am Bilanzstichtag maßgebende Bezüge anzusetzen sind, egal aus welchen Gründen (Ausnahme: Wechsel des Beschäftigungsgrades) es zu einer Änderung der Bemessungsgrößen gekommen ist.
      Als Konsequenz dieser Aussage bzw. Festlegung, wäre auch bei einer sanierungsbedingten Gehaltsreduktion für die Beurteilung einer Überversorgung das aktuelle Gehalt anzusetzen.

      Diese Positionierung der Finanzverwaltung stieß in der Praxis auf Unverständnis, da im Extremfall, wenn das Gehalt auf € 0,00 herabgesetzt würde, eine vollständige Auflösung (75% von € 0,00 = 0) der Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz zu erfolgen hätte. Sofern die Herabsetzung kurz vor dem Rentenbeginnalter erfolgen würde, würden erhebliche Finanzierungseffekte verloren gehen, da die zivilrechtliche Verpflichtung und folglich die handelsbilanzielle Bewertung weiterhin Bestand hätte.

      Des Weiteren bleibt anzumerken, dass bei einer sanierungsbedingten Gehaltsreduktion ein Vorziehen einer künftigen Einkommensentwicklung (an diesem Vorziehen und gleichzeitigem macht die Finanzverwaltung die Überversorgung nach § 6a EStG aber fest) schon rein logisch nicht ersichtlich ist.
      Mittlerweile zeigt sich aber, dass die Finanzverwaltung auch bei einer wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten erfolgten Gehaltsreduktion die Mischberechnung (analog Wechsel des Beschäftigungsgrades) anwendet.

      Das folgende Beispiel soll die Vorgehensweise verdeutlichen.

      Ausgang:

      Herr Max Mustermann, beherrschender GGF, erhält 15 Jahre ein Gehalt in Höhe von monatlich € 8.000,00
      und 20 Jahre ein Gehalt in Höhe von monatlich € 4.500,00.
      Herr Mustermann hat eine Pensionszusage von monatlich € 5.000,00

      Vorgehensweise:

      Bei restriktiver Anwendung der Überversorgungsgrundsätze, könnte die Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz nach Herabsetzung des Gehaltes nur noch für eine Leistung in Höhe von € 3.375,00 (0,75 * 4.500,00), anstatt für eine ehemals zugesagte Leistung in Höhe von € 5.000,00 gebildet werden.

      Wird allerdings nach der sog. Mischberechnung vorgegangen, so ergibt sich folgendes Bild:

      (15 * 8.000,00 + 20 * 4.500,00) :35 = 6.000,00 ( Durchschnittsgehalt)

      Neuer zu bewertende Pensionsanspruch in der Steuerbilanz:

      0,75 * 6.000,00 = 4.500,00

      Beurteilung:

      Der Berechnung der Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz ist eine Leistung in Höhe von € 4.500,00 zugrunde zu legen (statt bisher 5.000,00 und statt bei restriktiver Anwendung der 75%-Grenze € 3.375,00).
      Der zivilrechtliche Anspruch bleibt weiterhin (auch nach der Gehaltsherabsetzung) in Höhe der ursprünglich zugesagten Leistung (€ 5.000,00) bestehen. In der Handelsbilanz ist weiterhin eine Bewertung der vollumfänglichen Versorgungsverpflichtung vorzunehmen.

      Weitere Informationen

      BMF Schreiben vom 3.11.2004 – IV B2 – S 2176 – 13/04

      Keil/Prost, Pensions- und Unterstützungskassenzusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, 2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, C.F. Müller Verlag (Recht in der Praxis), Heidelberg 2010.