Erdienbarkeit

  • 1. Beherrschende GGF

      Erdienbarkeit

      Der Anspruch auf eine Betriebsrente wird über die Zeitstrecke der Betriebszugehörigkeit, ggf. also zumindest teilweise auch rückwirkend, „erdient“. Sie ist ja unter anderem als „Belohnung für Betriebstreue“ gedacht. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern kann, wegen des „Rückwirkungsverbotes“, also zur Vermeidung einer rückwirkenden Veränderung der Bezüge des bGGF zur Vermeidung von Steuerlast, der Anspruch auf Betriebsrente erst ab Erteilung der Pensionszusage, also nur für die Zukunft, erdient werden. Der bGGF muss also dem Unternehmen noch für eine hinreichende Zeit zur Verfügung stehen um sich den Anspruch auf Altersversorgung zu „erdienen“. Hierfür wird von einem Zeitraum von mindestens 10 Jahren ausgegangen.

      Laut BFH-Urteil vom 20.05.2015 ist für die Ermittlung des Erdienungszeitraumes der frühestmögliche, in der Pensionszusage vereinbarte, Rentenbeginn maßgebend.

      Es ist davon auszugehen, dass ein Pensionsanspruch nicht mehr erdient werden kann, wenn

      • der GGF bei Zusageerteilung bereits älter als 60 ist
      • zwischen Zusageerteilung und vertraglichem Rentenbeginn nur wenige Jahre liegen.

      Übergangsregelung für vor dem 8.7.1995 erteilte Pensionszusagen: Bestandsschutz mit BMF vom 1.8.1996.

      • höchstmögliches Alter 60 für Zusageerteilung
      • höchstmögliches Rentenbeginnalter 70
      • Zeitraum für Erdienbarkeit mindestens 10 Jahre
      • aktive Tätigkeit vor Erteilung der Zusage bleibt unberücksichtigt – Vorsicht: Nachzahlungsverbot!

      Achtung! Regelung einer flexiblen Altersgrenze darf den Erdienungszeitraum von 10 Jahren nicht aushebeln!

      Beispiel: Erteilung einer Zusage im Alter 57 auf das Alter 67 und Regelung einer vorzeitigen Inanspruchnahme ab dem Alter 62.

  • 2. Nicht beherrschende GGF

      Erdienbarkeit

      Auch bei einem nicht beherrschenden GGF muss eine Pensionszusage zwingend vor dem 60. Lebensjahr erteilt worden sein. Bei späterer Zusage wird eine Einhaltung der Erdienbarkeitsfristen auf Grund gesundheitlicher Unkalkulierbarkeit als zu ungesichert angesehen.

      • höchstmögliches Alter 60 für Zusageerteilung
      • höchstmögliches Rentenbeginnalter 70

      Zeitraum für Erdienbarkeit:

      • 10 Jahre zwischen Zusageerteilung und vertraglichem Rentenbeginnalter
      • 12 Jahre zwischen Diensteintritt und vertraglichem Rentenbeginnalter, wenn Zusage mindestens 3 Jahre bestand.

      Achtung! Wie zuvor schon beim Beherrschenden GGF genannt darf die Regelung einer flexiblen Altersgrenze ebenfalls nicht den Erdienungszeitraum von 10 Jahren aushebeln!

      Beispiel: Erteilung einer Zusage im Alter 57 auf das Alter 67 und Regelung einer vorzeitigen Inanspruchnahme ab dem Alter 62.

  • 3. Hinweis für die Praxis

      Die Rechtsprechung zur Erdienbarkeit orientierte sich bei der Festlegung der vorgenannten Fristen am Betriebsrentengesetz (BetrAVG – Unverfallbarkeitsfristen § 1) in der Fassung vor AVmG (Altersvermögensgesetz vom 26.6.2001).

      Die Verkürzung der Unverfallbarkeitsfristen aufgrund der Neufassung des Betriebsrenten- gesetzes im Zuge des Altersvermögensgesetzes führte allerdings nicht dazu, dass der Erdienungszeitraum für eine Pensionszusage verkürzt wurde.

      Letztmalig mit BMF-Schreiben vom 9.12.2002 bestätigte die Finanzverwaltung, dass weiterhin am Erdienungszeitraum von 10 Jahren festgehalten wird.

      Mit Urteil vom 20.07.2016 (I R 33/15) hat der BFH sogar bei einer Auslagerung des noch nicht erdienten Teils einer Pensionszusage auf eine rückgedeckte Unterstützungskasse die Einhaltung der zehnjährigen Erdienbarkeit verlangt.

  • 4. Erdienbarkeit bei Erhöhungen

      Hier gilt es zu unterscheiden ob die Erhöhung oder Wertverbesserung einer bestehenden Pensionszusage deren Werterhalt (also Inflationsausgleich) oder dem Umfang nach einer Neuzusage entspricht:

      Unterscheidung

      • Bedeutet die Erhöhung eine Neuzusage?
      • Dient die Erhöhung zum Werterhalt der Versorgung?

      Als „Neuzusage zu bewerten:

      Festrentenzusage ohne Wertsicherungsklausel 

      • Nachträgliche Hereinnahme einer Dynamisierungsklausel (Niedersächsisches Finanzgericht 22.4.2004)

      Gehaltsdynamische Zusage

      • Prozentuale Verknüpfung mit den Bezügen des GGF und spätere Erhöhung des Prozentsatzes
        • Ursprungszusage ist 40% der Bezüge – diese wird geändert auf 60% der Bezüge
          • Quasi Neuzusage
      • Genaue Prüfung erforderlich, wenn kurz vor dem vertraglichen Rentenbeginn die Bezüge stark steigen
        • Finanzverwaltung Baden-Württemberg
          • 25% Anstieg des Gehaltes
        • Angemessenheit der Gesamtvergütung noch gegeben?
        • Offenbar noch keine diesbezügliche Rechtsprechung ergangen, also mit Finanzverwaltung abzustimmen!

      Nicht als Neuzusage zu bewerten:

      Festrentenzusage ohne Wertsicherungsklausel

      • Erhöhung Anpassung an erheblich gestiegene Lebenshaltungskosten (BFH-Urteil vom 28.4.1982)

      Festrentenzusage mit Wertsicherungsklausel

      • wenn Anpassung entsprechend der fest vereinbarten Dynamisierung erfolgt
      • Anpassung laufender Renten von bis zu 3 % wird anerkannt
      • Anwartschaftsdynamik von bis zu 3 % wird anerkannt, wenn auch Angemessenheit gewahrt bleibt

      Gehaltsdynamische Zusage 

      • Prozentuale Verknüpfung mit Bezügen des GGF: Anpassung bedeutet Fortführung der bestehenden Zusage (Achtung: siehe Hinweis oben bei starker Erhöhung des Gehaltes)