Angemessenheit

  • 1. Grundsätzliches

      Ein ständiges Streitthema zwischen Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft und den Finanzbehörden ist die Angemessenheit der Gesamtvergütung.
      Streitthema deshalb, da es keine absolute Obergrenze für die Festlegung einer angemessenen Gesamtvergütung gibt.

      Der BFH (BFH vom 27.2.2003) geht davon aus, dass es diese Obergrenze nicht gibt. Vielmehr gilt stets eine Bandbreitenbetrachtung (Schätzungsintervall). Innerhalb dieses Schätzungsintervalls können sich die Vertragsparteien bewegen und die Gesamtvergütung jeweils verbindlich festlegen. Einzig und allein die Finanzgerichte als Tatsacheninstanz sind berechtigt im konkreten Einzelfall eine „Obergrenze“ festzulegen.

      Die Finanzbehörden hingegen gehen davon aus, dass in der Regel eine angemessene Gesamtvergütung immer dann vorliegt, wenn sie nicht mehr als 50 % des Gewinns der Gesellschaft ausmacht (BMF – Schreiben vom 14.10.2002). Hierbei handelt es sich um eine Nichtaufgriffsgrenze, die allerdings von den Betriebsprüfern in der Praxis dazu verwendet wird, im Umkehrschluss davon auszugehen, dass eine vGA (verdeckte Gewinnausschüttung) immer dann vorliegt, wenn nach Abzug der Geschäftsführergehälter nicht mindestens 50 % des Gewinnes verbleiben. Dies ist schlichtweg falsch und kann aus den Anweisungen auch nicht entnommen werden.

      Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass eine unangemessen hohe Gesamtvergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt. Hierbei kommt es auch nicht auf die Beteiligungshöhe des Geschäftsführers an, eine verdeckte Gewinnausschüttung kann also auch eine unangemessene Vergütung eines Minderheitsgesellschafters sein.

      Ist die Gesamtvergütung unangemessen, so ist eine vGA nicht schon bei einer geringfügigen Überschreitung der Angemessenheitsgrenze anzunehmen. Erst bei einem Überschreiten von 20% soll ein krasses Missverhältnis vorliegen und demzufolge eine vGA anzunehmen sein.

  • 2. Prüfung der Angemessenheit

      Leitfaden für die Prüfung gemäß BMF vom 14.10.2002

      In die Prüfung der Angemessenheit der Gesamtvergütung sind alle Geld- und Sachleistungen, die der Gesellschafter-Geschäftsführer vom zusagenden Unternehmen erhält, einzubeziehen.

      Hierzu zählen im Einzelnen:

      Festgehalt, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Tantieme, Sachzuwendungen, Beiträge für Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds, fiktive Jahresnettoprämie für Pensionszusage und Unterstützungskasse.

      Die Prüfung der Angemessenheit der Gesamtvergütung erfolgt in drei Stufen:

      1. Stufe

      Jeder einzelne Vergütungsbestandteil wird dahingehend geprüft, ob er dem Grunde nach bereits eine vGA darstellt (z.B. Überstundenvergütung).

      2. Stufe

      Alle Vergütungsbestandteile, die nach der Prüfung auf der 1. Stufe noch verbleiben, werden untersucht, ob sie der Höhe nach angemessen sind oder eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen (z.B. Tantieme).

      3. Stufe

      Alle Vergütungsbestandteile, die nach Prüfung auf der 1. und 2. Stufe noch verbleiben (also keine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen), werden insgesamt geprüft, ob sie angemessen sind.

      Beurteilungskriterien

      • Art und Umfang der Tätigkeit des Geschäftsführers
      • Ertragsaussichten der Gesellschaft
      • Geschäftsführervergütung im Verhältnis zum Gewinn und zur Eigenkapitalverzinsung der Gesellschaft
      • Externer und interner Fremdvergleich bezüglich der Art und Höhe der Vergütung

      Eine Prüfung erfolgt unter Beachtung der zum Zeitpunkt der Vergütungsvereinbarung gegebenen Faktoren.

      Bei späterer Änderung der Vergütungsbestandteile – dem Grunde und/oder der Höhe nach – wird erneut geprüft.