Probezeit

  • 1. Begrifflichkeit

      Nach der Rechtsprechung des BFH (BFH vom 16.12.1992 – I R 2/92 und BFH vom 23.2.2005 – I R 70/04) darf ein neu eingestellter Gesellschafter–Geschäftsführer erst nach Ablauf einer bestimmten „Probezeit“ eine Pensionszusage von der GmbH erhalten. Diese „Probezeit“ wird benötigt um die Leistungsfähigkeit (Fachkenntnisse, Befähigung, Eignung) des neu bestellten Geschäftsführers beurteilen zu können. Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass einem Fremd-Geschäftsführer eine entsprechende Versorgungsverpflichtung auch erst nach einer solchen Probezeit erteilt würde, und beurteilt Sie bei Nichteinhaltung als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).

      Handelt es sich um eine neu gegründete GmbH, so ist die Zusage überdies erst dann zu erteilen, wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der GmbH verlässlich abgeschätzt werden kann (BMF Schreiben vom 14.5.1999 IV C 6 – S2742 – 9/99 und BFH vom 23.2.2005 – I R 70/04). Das bedeutet auch, die GmbH selbst eine „Probezeit“ zu durchlaufen hat.

      Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass zwischen einer personenbezogenen und unternehmensbezogenen Probezeit zu unterscheiden ist.

      Hinweis für die Praxis:

      In der Praxis (BFH und BMF) werden oftmals die Begriffe „Probezeit“ und „Wartezeit“ nicht klar abgegrenzt. Es fällt dem „Nichtfachmann“ dann schwer zu differenzieren und die richtige Begrifflichkeit anzuwenden.

      Im Folgenden nochmals die Abgrenzung der Begrifflichkeiten (Erläuterungen hierzu auch unter dem Stichwort „Wartezeit“):

      Nach TZ 1 des BMF Schreibens vom 14.5.1999 ist die Probezeit der Zeitraum zwischen Dienstbeginn und der erstmaligen Vereinbarung einer schriftlichen Pensionszusage. Nicht zur Probezeit gehört der möglicherweise vereinbarte Zeitraum zwischen der Erteilung der Pensionszusage und der erstmaligen Anspruchsberechtigung (Leistungsausschließende oder versorgungsfreie Zeit = Wartezeit).

      Beispiel:

      In eine bestehende GmbH tritt am 1.1.2005 ein neu bestellter Gesellschafter– Geschäftsführer ein. Diesem wird durch die GmbH eine Zusage am 1.1.2009 erteilt. Die Zusage sieht als Versorgungsleistungen auch eine Invalidenversorgung vor. Für diesen Fall ist aber auch vorgesehen, dass diese erst dann fällig wird, wenn eine 7-jährige Dienstzeit erfüllt ist.

      Beurteilung:

      Bei dem Zeitraum 1.1.2005 bis 1.1.2009 handelt es sich um die „Probezeit“. Der Zeitraum ab 1.1.2005 bis 1.1.2012 (sieben Jahre) ist die Wartezeit. Tritt in diesem Zeitraum der Versorgungsfall „Invalidität“ ein, wird keine Leistung aus der Zusage fällig.

      Bei der Dauer der Probezeit ist nach Auffassung von Rechtsprechung und Finanzverwaltung zwischen der „personenbezogenen“ und „unternehmensbezogenen“ Probezeit zu unterscheiden.

  • 2. Personenbezogene Probezeit

      Sofern die GmbH bereits existiert, aber ein neuer Gesellschafter–Geschäftsführer eintritt, ist regelmäßig eine Probezeit von 2 bis 3 Jahren ausreichend (siehe auch BMF Schreiben vom 14.5.1999).

      Begründet wird das Erfordernis der Probezeit mit der Aufgabe (Fürsorge) eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers. Dieser wird sich zunächst Gewissheit über die Qualifikation seines neu bestellten GGF beschaffen, bevor er ihm eine Pension zusagt.

      Hinweis für die Praxis:

      Eine Probezeit ist dann nicht erforderlich, wenn die zusagende GmbH bereits über gesicherte Erkenntnisse im Hinblick auf die Qualifikation des GGF verfügt und ausreichend deutlich abschätzen kann, dass die Befähigung gegeben ist.

      Dies wird z.B. immer dann der Fall sein, wenn die GmbH selbst ihr Rechtskleid geändert hat (Einzelunternehmer -> Kapitalgesellschaft) und der bereits erprobte Inhaber der Einzelfirma als GGF die GmbH nunmehr fortführt.

  • 3. Unternehmensbezogene Probezeit

      Bei einer neu gegründeten GmbH ist nach dem BMF Schreiben vom 14.5.1999 eine Probezeit von mindestens fünf Jahren erforderlich.

      Begründet wird dies damit, dass üblicherweise einem gesellschaftsfremden GF erst dann eine Pension zugesagt wird, wenn die künftige wirtschaftliche Entwicklung und Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft zuverlässig abgeschätzt werden kann.

      Bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit handelt es sich um eine unternehmensbezogene Beurteilung, bei der die vorherige Tätigkeit des GF grundsätzlich unbeachtlich ist. Es kommt in erster Linie darauf an, wie sich das Unternehmen mit seinen Produkten bzw. Dienstleistungen am Markt behaupten kann.

      Eine unternehmensbezogene Probezeit entfällt, wenn die künftige Leistungsfähigkeit verlässlich abgeschätzt werden kann und zwar aufgrund der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit. Dies wird z.B. dann der Fall sein, wenn es sich um eine Betriebsaufspaltung oder eine Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft handelt.

  • 4. Folgen bei einem Verstoß gegen die Probezeit

      Über lange Jahre hinweg bestand die Auffassung der Finanzverwaltung, dass ein Verstoß gegen die Probezeiten zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe der Zuführung zur Pensionsrückstellung führt (Veranlassung nicht im Dienstverhältnis sondern im Gesellschaftsvertrag). Jedoch wuchs die Pensionszusage mit Ablauf der Probezeiten aus der gesellschaftlichen Veranlassung in eine betriebliche Veranlassung hinein (siehe BMF Schreiben vom 14.05.1999 – IV C 6 – S 2742 – 9/99 – BStBl. I, 1999, 512). Die weiteren Zuführungen (nach Ablauf der Probezeit) werden dann wieder Gewinn mindernd berücksichtigt. In Folge dessen sind spätere Pensionszahlungen aufzuteilen in einen „gesellschaftsrechtlich“ und einen „betrieblich“ veranlassten Teil. Spätere Pensionszahlungen sind somit nur teilweise als Betriebsausgaben geltend zu machen. Dies gilt für den Teil der Leistungen, die betrieblich veranlasst sind. Die Besteuerung beim Versorgungsberechtigten erfolgt für den betrieblich veranlassten Teil nach § 19 EStG und für den Teil der gesellschaftlich veranlasst war, mit der Abgeltungssteuer.

      Vorgenannter Einschätzung ist der BFH mit seinem Urteil vom 28.04.2010 (I R 78/08) entgegengetreten. Nach Auffassung des BFH ist für die Beurteilung einer Pensionszusage ausschließlich die Situation zum Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage maßgebend. Demzufolge wird eine Pensionszusage, die gegen den Verstoß des Kriteriums der Probezeit erteilt wurde, nie zu einer betrieblich und somit steuerlich anerkannten Pensionszusage. Als Folge sind sämtliche Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln. Spätere Rentenzahlungen sind somit nicht als Betriebsausgaben geltend zu machen. Die Beststeuerung der laufenden Rentenzahlung erfolgt beim Versorgungsberechtigten mit der Abgeltungsteuer. Im Ergebnis zusammengefasst:

      Einmal verdeckte Gewinnausschüttung – immer verdeckte Gewinnausschüttung !

      Das BMF reagierte mit Schreiben vom 14.12.2012 (IV C 2 – S 2742/10/1001) auf das BFH-Urteil vom 28.04.2010 und nahm hier auch eine wichtige Unterscheidung zwischen „Altzusagen“, die vor dem 29.07.2010 erteilt wurden und „Zusagen, die nach dem 29.07.2010“ erteilt wurden, vor.

      • Erteilung der Pensionszusage vor dem 29.07.2010 (Tag der Veröffentlichung des BFH Urteils) – „Altzusagen“
        Für diese Zusagen gilt weiterhin das BMF Schreiben vom 14.05.1999 (IV C 6 – S 2742 – 9/99). Es besteht somit für die Altzusagen ein Vertrauensschutz. Demzufolge wachsen diese Pensionszusagen nach Ablauf der Probezeit in eine steuerliche Anerkennung hinein.
      • Erteilung der Pensionszusage ab dem 29.07.2010 – „Neuzusagen“
        Für Zusagen, die ab dem oben genannten Zeitpunkt erteilt wurden (oder in Zukunft noch erteilt werden), und die zum Zeitpunkt der Erteilung der Zusage gegen das Kriterium der Probezeit verstoßen haben, bleibt die steuerliche Anerkennung vollumfänglich für die gesamte Laufzeit versagt.
  • 5. Weiterführende Hinweise für die Praxis

      Pensionszusagen, die unter die Kategorie „Altzusagen“ fallen (Erteilung vor dem 29.07.2010) und bei denen bei Erteilung gegen das Kriterium der Probezeit verstoßen wurde; Hier wächst die Zusage nach Ablauf der Probezeit in eine betriebliche Veranlassung und somit steuerliche Anerkennung hinein. Es besteht kein Handlungsbedarf.

      Für die so genannten „Neuzusagen“ (ab dem 29.07.2010) besteht gemäß dem BMF Schreiben vom 14.12.2012 die Möglichkeit, die innerhalb der Probezeit erteilte Pensionszusage aufzuheben und diese nach Ablauf der angemessenen Probezeit neu zu erteilen. Hier gilt es allerdings auch darauf zu achten, dass der maßgebende Erdienungszeitraum (beherrschender GGF – 10 Jahre ab Zusageerteilung bis zum frühesten möglichen Altersrentenbeginn) neu zu beurteilen ist.

      Beim beherrschenden GGF ergibt sich bei einem Widerruf und Neuerteilung einer Pensionszusage wegen des für ihn geltenden Nachzahlungsverbotes noch ein weiteres Problem. Bei einem vorzeitigen Ausscheiden würden bereits erdiente Anwartschaften aus der ursprünglich erteilten Zusage verloren gehen, da die Berechnung der unverfallbaren Anwartschaften steuerrechtlich auf den Zeitpunkt der Zusageerteilung (Neuerteilung ist gleich Zeitpunkt der Zusageerteilung) und nicht auf den Diensteintritt abzustellen sind. In Folge dessen wäre hier ggf. (nur bei einem vorzeitigen Ausscheiden) ein Verzichtsproblem zu beachten. Ebenso erhöht sich aufgrund der kürzeren möglichen Dienstzeit die fiktive Jahresnettoprämie, mit der die Pensionszusage bei einer eventuellen Prüfung der Angemessenheit der Gesamtbezüge berücksichtigt wird.

      Hat der versorgungsberechtigte GGF bereits das 60. Lebensjahr vollendet, so ist eine Neuerteilung nicht mehr möglich. Hier bleibt nur noch die „Schadensbegrenzung“ übrig. Das Einfrieren der Pensionszusage auf den Past-Service (Verzicht auf den Future Service) könnte hier ein gangbarer Weg sein.