BMF-Schreiben vom 30.08.2024 (IV C 2 – S 2742/22/10003:009)

Gleichzeitiger Bezug von Versorgungszahlungen und Geschäftsführergehalt – Änderung des BMF Schreibens vom 18.09.2017 (BStBl I S. 1293)

Mit dem BMF Schreiben vom 30.08.2024 hat die Finanzverwaltung auf die geänderte
BFH-Rechtsprechung vom 15.03.2023 (I R 41/19) reagiert, und eine Anpassung ihrer bisherigen Sichtweise (BMF-Schreiben vom 18.09.2017) vorgenommen.

Randnummer 10 des BMF – Schreibens vom 18.09.2017 wurde jetzt wie folgt neu gefasst:

Grundsätzlich bleibt in der Anwartschaftsphase alles beim Alten.

Aus Körperschaftsteuerlicher Sicht ist es nicht zu beanstanden, wenn in einer Pensionszusage als Anspruchsvoraussetzung für den Bezug einer Pensionsleistung nur das Erreichen eines festen Alters maßgeblich ist, nicht jedoch das Ausscheiden aus dem Betrieb oder die Beendigung des Dienstverhältnisses. Eine solche Gestaltung der Pensionszusage führt nicht zwangsläufig wegen Unüblichkeit oder fehlender Ernsthaftigkeit zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Für die Auszahlungsphase übernimmt die Finanzverwaltung die neue Sichtweise des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 15.03.2023, I R 41/19).

Wird nach dem Eintritt des Versorgungsfalles (Auszahlungsphase) neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer für diese Tätigkeit lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, liegt nach der Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs regelmäßig keine gesellschaftliche Veranlassung vor, wenn die Summe von Pensionsleistung und Gehaltszahlung aufgrund der Weiterbeschäftigung, die letzten Aktivbezüge (vor Pensionszahlung) nicht überschreitet. Die Grundsätze gelten sowohl bei monatlichen Rentenleistungen als auch bei Ausübung eines Kapitalwahlrechts bei Erreichen der Altersgrenze.

Im Ergebnis darf somit die Summe aus der Pensionszahlung und den weiterhin ausgezahlten Aktivbezügen nicht höher sein, als die letzten Aktivbezüge vor dem Rentenbeginn. Nur dann liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung vor.

Vorsicht aber! Die Regelung gilt nicht bei Teilzeittätigkeit des GGF

Der BFH hatte in seiner Entscheidung vom 15.03.2023 (Rn. 28 der Entscheidung) die Auffassung vertreten, dass auch eine Geschäftsführertätigkeit mit reduzierten Arbeitszeiten/Aufgabenbereichen und daraus folgend mit deutlich reduziertem Gehalt möglich ist. Dies schließt die Finanzverwaltung allerdings in aller Deutlichkeit aus. An der bisherigen Verwaltungsauffassung, dass eine Teilzeittätigkeit nicht mit dem Aufgabenbild eines Gesellschafter-Geschäftsführers vereinbar ist, wird von Seiten der Finanzverwaltung weiterhin festgehalten. Somit wird in solchen Fällen bei gleichzeitiger Versorgungszahlung und Gehalt laut BMF weiterhin eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen sein.

Vorgenannte Sichtweise ist unseres Erachtens sehr bedauerlich, da die gelebte Praxis sich in aller Regel anders darstellt. Gerade wenn Sohn oder Tochter das Unternehmen auf Sicht übernehmen und alleine weiterführen wollen, geht diese Nachfolgeregelung oftmals mit einer Teilzeittätigkeit des Seniors und noch Gesellschafter-Geschäftsführers einher.

Anwendung des BMF-Schreibens

Die neuen Grundsätze der Finanzverwaltung sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Was bleibt noch offen nach dem BMF-Schreiben vom 30.08.2024?

Leider ist es wie so oft, dass für die Tagespraxis wichtige und relevante Fragen unbeantwortet bleiben. So fehlt es im vorgenannten BMF-Schreiben z.B. an einer Vorgabe, wie eine Anrechnung von Versorgungsbezügen in Form von Kapitalleistungen bei einem gleichzeitigen Bezug von Gehalt und Pension zu erfolgen hat.

Anrechnung von Kapitalleistungen

Gemäß dem BMF-Schreiben gelten die neuen Grundsätze auch bei Ausübung eines Kapitalwahlrechts.

Nach welchen Kriterien erfolgt hier eine Anrechnung? Wird der Kapitalbetrag mit 10% als Jahresbetrag einer Rente angesetzt (siehe Prüfung der 75% unter Einbezug einer Kapitaldirektversicherung)?
Oder erfolgt für die Anrechnung einfach die Verrentung des Kapitals mit den gleichen Rechnungsgrundlagen und dem gleichen Zins wie das Kapital ermittelt wurde?

Das BMF-Schreiben spricht konkret nur den Fall der Ausübung eines Kapitalwahlrechts an.
Wie ist mit einer originären Kapitalzusage zu verfahren? Es würde verwundern, wenn die Grundsätze des BMF-Schreibens hier nicht gelten sollen. Wünschenswert wäre aber eine explizite Nennung der reinen Kapitalzusage gewesen, schon alleine im Sinne der Rechtssicherheit.

Ein konkretes Beispiel im BMF-Schreiben hätte zur Klarheit beitragen können und wäre für die Praxis wünschenswert gewesen.

Was gilt für die Praxis

Häufig befinden sich in Pensionszusagen von Gesellschafter-Geschäftsführern Regelungen, die neben der Vollendung des vertraglich vereinbarten Pensionierungsalters als weitere Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Altersrente das Ausscheiden aus der GmbH vorsehen. Für diesen Fall gilt, dass mit der weiteren Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers eine Auszahlung der Rente nicht möglich ist, da der Gesellschafter-Geschäftsführer die Bedingung – das Ausscheiden aus der GmbH – nicht erfüllt hat.
Würde trotzdem eine Rente ausgezahlt werden, würde dieser Versorgungsbezug von Seiten der Finanzverwaltung als verdeckte Gewinnausschüttung bewertet werden.

Anders die Fälle, in denen der Bezug der Altersrente lediglich vom vertraglich vereinbarten Rentenbeginnalter abhängig ist. Hier kann ein gleichzeitiger Bezug von Gehalt und Pension erfolgen. Mit dem aktuellen BMF-Schreiben ist nun auch die Vorgehensweise festgelegt, die es zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu beachten gilt.

Für die Beratungspraxis gilt, dass bei der Gestaltung und Prüfung von Pensionszusagen hohe Sorgfalt erforderlich ist. Die aktuelle Rechtslage und Verwaltungsauffassung sollte immer im Auge behalten werden, um mögliche steuerliche Risiken zu minimieren und um den Gesellschafter-Geschäftsführer optimal beraten zu können.

Für weitere Informationen und eine rechtliche Beratung rund um die Pensionszusage des GGF stehen wir gerne zur Verfügung. 

//30.10.2024